Fahrrad
06. Dezember, 18:50 Uhr
Ich bin begeisterter Radsportler. Seit 2006 fahre ich hauptsächlich Mountainbike. Das westdeutsche Mittelgebirge, in dem ich lebe, bietet hierfür gute Voraussetzungen. Angefangen habe ich mit einem 600€-Hardtail. 2011 wurde es durch ein besseres Hardtail ersetzt, ein AM-Fully kam hinzu. Für mein Studium in Münster legte ich mir außerdem ein 90er-Jahre-Rennrad als Stadtrad zu, dass ich sporadisch ebenfalls sportlich nutze. Seit den späten Nuller-Jahren nehme ich an Sportveranstaltungen teil. Anfangs eine Art Team-Triathlon mit hohem Mountainbike-Anteil, dann die ersten Marathons, ein Enduro-Rennen und 2012 war ich dann das erste Mal in Duisburg auf dem 24h-Rennen im 4er-Team im Einsatz. Ich habe dabei keine Podiumsambitionen und lande immer im vorderen Mittelfeld. Seither nehme immer wieder an Rennen teil, wenn auch durch meine drei Kinder die letzten Jahre etwas weniger.
Die letzten Jahre merkte ich jedoch, dass man sich bei Veranstaltungen, die sonst binnen Stunden ausgebucht waren bis kurz vor Veranstaltungsbeginn noch anmelden konnte. Das war auch vor der Pandemie der Fall. Im Gespräch mit jemandem aus dem Organisationsteams eines Marathons wurde mir berichtet, dass dies wohl am E-Bike-Boom läge. In einem Zeitungsartikel über einen anderen Marathon ist die Vermutung dieselbe. Das halte ich für einigermaßen plausibel, denn mein ganz subjektiver Eindruck aus den Touren in den Wäldern ist der: Insgesamt mehr Mountainbiker, durch den E-Bike-Boom, aber auch eine Abnahme der Muskelkraft-Fraktion, nicht nur relativ, auch absolut. Der wachsende Nutzungsdruck auf wenigen Trails, das höhere Erosionspotenzial durch das durchschnittlich höhere Fahrergewicht (Systemgewicht sowieso) und die damit einhergehenden Konflikte mit anderen Waldnutzern soll an dieser Stelle nicht schwerpunktmäßig thematisiert werden. Natürlich ist das E-Bike für Leute wie meinen Vater mit seinen 65 Jahren und einer alten Unfallverletzung eine tolle Möglichkeit weiterhin am Mountainbikesport zu partizipieren. So manches mal wundere ich mich aber über 20-Jährige auf E-Mountainbikes die mit voller Unterstützung an mir vorbeiziehen, während ich mit meinen 35 zwei Kinder den Berg hochwuchte. Natürlich ist auch meine Herangehensweise nicht jedermanns Sache.
Für die nächste Saison hatte ich mir einiges vorgenommen: Zwei Marathons und als Highlight mal wieder eine Teilnahme am 24h-Rennen in Duisburg. Lange habe meine beiden Brüder und meine Schwägerin überredet ein 4er-Team zu bilden. Mit Erfolg. Kaum angemeldet fingen wir an uns auf das Event zu freuen. Die Atmosphäre im Landschaftspark Nord, die Schinderei, die Nachtfahrten, der Teamspirit. Ich fing schon mich nach einem neuen Hardtail umzuschauen, um nicht mit dem (eigentlich zu kleinem) Rad meiner Frau antreten zu müssen.
Gestern kommt von meinem Bruder ein Screenshot: Das 24h-Rennen ist abgesagt worden. Die vom Veranstalter angeführten Gründe: Corona-Loch in den Kassen, gestiegene Energiekosten, schwierige Sponsorensituation und der "Technologiewechsel zum E-Bike." Auch wenn es hier nur ein Aspekt unter vielen ist; ich glaube es ist etwas dran: Der Mountainbike-Amateur-Sport leidet unterm E-Bike-Boom.